Der Zeitplan war straff: Bis zu den ersten Vorboten des Winters musste laut Autobahndirektion Südbayern die Baustelle geräumt sein. Im Frühjahr und Sommer herrschte entsprechend Dauerbetrieb. Zum Leidwesen der Autofahrer ging der Verkehr, vor allem in der Urlaubszeit, oft nur stockend voran. "Das Baugeschäft ist in hohem Maße witterungsabhängig", so der Projektleiter. Zum Verlegen des lärmmindernden Dünnschichtasphaltbelages sind beispielsweise Temperaturen von mindestens zehn Grad Celsius nötig, ebenso müssen Markierungsarbeiten bei Trockenheit durchgeführt werden.
Rund um die Uhr im Dauereinsatz
"Ein leistungsfähiges und verkehrssicheres Straßennetz ist eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine gute gesamtgesellschaftliche Entwicklung" – so schreibt das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI). Nur durch den Ausbau und damit verbundenen Baustellen ist es möglich, einen Verkehrsinfarkt auf Deutschlands Straßen zu verhindern. Selbstverständlich sollen die Umstände für die Autofahrer dennoch so gering wie möglich gehalten werden. Um die Freigabe der Straße nach einem knappen halben Jahr Bauzeit sicherzustellen, galt während der heißen Phase im Frühjahr und Sommer die sogenannte "Betriebsform 4": Die Arbeiten liefen rund um die Uhr und an sieben Tagen in der Woche. Tagsüber wurden die Tiefbauarbeiten erledigt, nachts bei Flutlicht der Asphalt gefräst und eingebaut. Um eine optimale Logistik zu gewährleisten, kamen auf der Baustelle Telematiksysteme zum Einsatz. Dadurch konnte unter anderem der Materialtransport per LKW deutlich verbessert werden. Außerdem wurde als Pilotprojekt im Bereich Infrastruktur Building Information Modeling als digitales Werkzeug eingesetzt. Ziel von BIM ist die digitale Vernetzung aller anfallenden Daten und Informationen zur Verbesserung der Bauprozesse.
Vom Sündenbock zum Retter in der Not
Staus und kleinere Verkehrsunfälle ließen sich dennoch nicht vermeiden. Insbesondere die Zeit als sogenannte Inselbaustelle war eine große Herausforderung für alle Beteiligten. "Unsere Bauarbeiter waren umschlossen von fließendem Verkehr, rechts Richtung München und links nach Nürnberg", so Günter Graf. Durch provisorische Torzufahrten gelangten sie dann zur Baustelle – die Fahrt bis zum Containerlager zog sich aber aufgrund des Umwegs auf ganze 60 Kilometer. Stress für die Bauarbeiter, die nicht nur den ganzen Tag den Bau- und Straßenlärm aushalten mussten, sondern auch ihre Pausen dort verbrachten. Das wiederum führte bei manchen Autofahrern zu Unmut, wie der Projektleiter erklärt: "Ein Bauarbeiter mit Butterbrot und Zigarette, während man selbst im stockenden Verkehr steht – da fliegen sogar manchmal Plastikflaschen." Die Betroffenen nahmen solche Vorfälle jedoch sehr locker und ließen sich davon nicht aus der Ruhe bringen. Nicht selten waren sie sogar die Retter in der Not, wenn sie mit schwerem Gerät Fahrzeuge nach Auffahrunfällen aus dem Verkehr zogen oder die Staugeplagten mit Benzin versorgten.
Starker Zusammenhalt in intensiven Zeiten
So birgt auf der Baustelle wie im Bürocontainer jeder Tag neue Geschichten. "Man wächst schon zusammen während dieser intensiven Zeit", erzählt Günter Graf. Gerade Schichten am Wochenende oder spät abends seien doch anders, als die zu "normalen" Arbeitszeiten. Und auch nach zwanzig Jahren im Geschäft ist er noch immer erleichtert, wenn ein Projekt wie dieses nicht nur erfolgreich, sondern vor allem ohne Unfälle verläuft. Denn die nächste Großbaustelle kommt bestimmt.