Rund 105.000 meldepflichtige Arbeitsunfälle ereignen sich jährlich auf Deutschlands Baustellen. Um diese Zahl zu reduzieren, bedarf es eines effizienten, durchdachten und effektiven Arbeitssicherheitskonzepts, das speziell auf das jeweilige Projekt zugeschnitten ist. Dass gelebte Arbeitssicherheit mehr als das Tragen von Sicherheitsschuhen und Helm ist, zeigte Bauleiter Erkan Acar eindrucksvoll mit seinen Kolleginnen und Kollegen in Oelde.
Arbeitssicherheit beginnt in der Planungsphase
„Über Arbeitssicherheit darf man sich nicht erst zu Baubeginn auf der Baustelle Gedanken machen. Sie muss ein fester und wichtiger Bestandteil im Planungsprozess sein“, so Erkan Acar. Beispielsweise sind im Baustelleneinrichtungsplan Sammelpunkte, Zutrittskontrollen, Parkplätze, Erste-Hilfe-Stationen oder Geh- und Fahrwege mit Geschwindigkeitslimits zu definieren. „Darüber hinaus gehört die Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen und entsprechenden Dokumenten, wie Prüfnachweise für Maschinen und Geräte, zur Vorplanung einer Baumaßnahme.“
„Die Überlegungen zum Thema Arbeitssicherheit im Voraus eines Projekts können dann frühzeitig an den Auftraggeber, alle Nachunternehmer sowie an Lieferanten weitergegeben werden, sodass diese wiederum ihre Arbeitsabläufe entsprechend planen können“, ergänzt Erkan Acar. Schließlich resultiert eine präzise Vorplanung auch in einem genauen Budget, das für Arbeitssicherheit berücksichtigt werden muss.
Maßnahmen in der Ausführungsphase – einfach, aber effektiv
Die positiven Auswirkungen der in der Planungsphase investierten Zeit zeigen sich dann während der Ausführungsphase. „Eine Premiere feierte die Arbeitssicherheitstafel am Eingang des Baustellengeländes. Für alle Personen wurden so sofort die unfallfreien Arbeitsstunden und -tage sowie die Unfälle gesamt ersichtlich. Des Weiteren konnten die beteiligten Firmen mittels Laufschrift zu aktuellen Themen informiert werden“, erzählt Erkan Acar und fügt an: „Natürlich fungierte diese Tafel gewissermaßen auch als Motivation – nach dem Motto ,die Null muss stehen‘ – und zeigte direkt, wie wichtig uns das Thema Arbeitssicherheit ist.“
Alle wichtigen Maßnahmen, Vorgänge und Kennzahlen zum Thema Arbeitssicherheit wurden am „maxpoint“ übersichtlich dargestellt und täglich gemeinsam im Baustellenteam besprochen.
Foto: Firmengruppe Max Bögl
Essenziell im Konzept zur Arbeitssicherheit ist außerdem die genaue Definition einer Rettungskette. Diese regelt, was nach einem Notruf passiert und wer für was verantwortlich ist. „Die Einbeziehung unseres SiGeKo-Verantwortlichen sowie der örtlichen Feuerwehr und des Sanitäters war für uns besonders wichtig. So waren alle maßgeblichen Instanzen direkt im Boot und trugen zur effizienten Prozesserstellung bei“, resümiert Erkan Acar. In Oelde wurde zudem eine Zutrittskontrolle mittels Drehkreuzanlage installiert. Durch Baustellenausweise erhielten nur befugte Personen Zugang und zu jedem Zeitpunkt war die exakte Anzahl der Menschen auf der Baustelle bekannt. Gerade in Notfallsituationen ist diese Information essenziell wichtig für die Rettungskräfte. Zur Zutrittskontrolle gehörte außerdem ein besetzter Pförtnercontainer, bei dem die Informationen zusammenliefen und der die Personen bereits vor Betreten der Baustelle auf angemessene Sicherheitskleidung überprüfte.
Am Safety Day baute das Baustellenteam mit Bauleiter Erkan Acar (2. v. re.) einen Parcours aus mangelhaften Geräten und defekten Werkzeugen auf. Bauherr, Mieter, Nachunternehmer und Kollegen prüften diese auf sichere Benutzbarkeit. Diejenigen, die die meisten Mängel gefunden hatten, wurden mit Preisen belohnt.
Foto: Firmengruppe Max Bögl
„Neben diesen direkt sichtbaren Maßnahmen ist jedoch die Motivation aller baubeteiligten Firmen hervorzuheben, eine sichere Baustelle tagtäglich zu gewährleisten“, lobt Erkan Acar. Um die Motivation aufrechtzuerhalten, vergab das Baustellenteam sogenannte „Safety Awards“ an die sichersten Nachunternehmer. Diese wurden in einem speziellen Ranking ermittelt. Außerdem veranstaltete das Baustellenteam einen „Safety Day“ in Oelde. „Die Veranstaltung sollte als Dank für die großartige Arbeit bis dato gelten und im lockeren Rahmen über Themen rund um die Arbeitssicherheit Auskunft geben“, erinnert sich Erkan Acar. So informierte beispielsweise die Feuerwehr Oelde über das Thema Brandschutz oder der Baumaschinen-Vermieter über die sichere Bedienung von Hubsteigern.
Weitere Maßnahmen zur Steigerung der Sicherheit bei dem Großprojekt in Oelde waren u. a. eine Broschüre mit den wichtigsten Informationen und Verhaltensregeln auf einen Blick, die präzise Beschilderung von Sammelpunkten, Parkplätzen usw. und schließlich die genaue Abtrennung von Lagerplätzen und Gehwegen – zum Teil sogar mit separaten Zäunen.
Weitreichende positive Effekte
Alle Maßnahmen, Vorgänge und Kennzahlen wurden zum einen über das wöchentliche SiGeKo-Protokoll erfasst und zum anderen als separater Punkt am maxpoint regelmäßig im Bauteam angesprochen. Zum maxpoint führt Erkan Acar an: „Da Arbeitssicherheit für uns oberste Priorität hatte, mussten wir bald unseren maxpoint erweitern und extra einen Abschnitt zum Thema anlegen. Durch die regelmäßigen Besprechungen waren alle stets informiert und bei Optimierungspotenzialen konnte schnell reagiert werden.“
Zusammenfassend hat der hohe Arbeitssicherheitsstandard beim Großprojekt in Oelde positiven Anklang im Team, bei den Nachunternehmern, in der Bevölkerung und nicht zuletzt beim Auftraggeber und späteren Mieter gefunden. Letzterer hat die Baustelle in einem Audit sogar als seine sicherste Baustelle in Europa prämiert. „Wichtig ist, dass das Thema Arbeitssicherheit im Bewusstsein aller Baubeteiligten ankommt. Mit vergleichsweise wenig Aufwand kann hier sehr viel erreicht werden“, fasst Erkan Acar zusammen.